Die Abwärme des menschlichen Körpers als stete Energiequelle nutzen
Energie dort zu produzieren, wo sie auch gebraucht wird, hat viele Vorteile. Bei den Produkten der Mithras Technology AG, einem Start-up aus Chur, steht der menschliche Körper als Kraftwerk im Zentrum. Die produzierte Energie aus Körperabwärme gewährt kontinuierliche Versorgung und hält körpernahe Geräte bis zur vollständigen Energieautonomie am Laufen.
Die Idee ist bestechend einfach und verspricht auf den ersten Laien-Blick zahlreiche Energieprobleme dieser Welt zu lösen: Dank körpereigener Abwärme elektronische Geräte speisen und länger betreiben zu können – sprich, saubere Energie genau dort zu produzieren, wo sie auch gebraucht wird.
«Entscheidend dafür ist die Differenz zwischen der Körpertemperatur und der Umwelt», erklärt Franco Membrini, der CEO des Churer Start-ups Mithras, «denn so können wir elektronische Geräte in Körpernähe – zum Beispiel Wearables wie Smartwatches oder medizinische Apparate wie Hörgeräte oder Insulinpumpen – mit körpereigener Energie versorgen.» Auch wenn sein Unternehmen mit dieser Technologie keinen signifikanten Beitrag zur energetischen Zukunft der Welt beitragen werde, könnten damit wertvolle Mehrwerte für Nutzer im Consumer-Bereich wie auch für medizinische Anwendungen geleistet werden, ergänzt Membrini.
Körpernahe Geräte energetisch unterstützen
Dabei kommt er auf ein erstes Mithras-Produkt zu sprechen, welches sich in Entwicklung befindet. «Unser Prototyp ‚Bracelet‘ ist ein Armband, das wie eine Uhr am Handgelenk getragen wird und die Abwärme des Körpers speichert», führt er aus. Möglich mache dies ein thermoelektrischer Generator (TEG), der aus zwei Platten und Thermoelementen bestehe. «Das Armband funktioniert im Prinzip mit einer ähnlichen Technologie wie der Marsrover, der über herrschende Temperaturunterschiede Energie für den eigenen Haushalt produziert.»
Ebenso denkbar seien mit dieser Technologie integrierte Lösungen. Dann nämlich, wenn ein TEG in einer Uhr, im Fitness-Tracker oder in anderen körpernahen Geräten direkt eingesetzt würde, um Körperwärme in Energie umzuwandeln. Dabei reiche bereits eine Differenz von einem Grad Celsius, um einen Effekt zu erzielen und die Betriebsdauer eines Gerätes zu verlängern, so der Mithras-CEO. Und weiter: «Der TEG liefert die gewonnene Energie direkt an die Batterie des Geräts. Unsere Vision ist dabei die Energieautonomie. Das heisst, ein Gerät kann sich allein durch die vom Körper zur Verfügung gestellte Energie versorgen und ist nicht länger auf externe Quellen angewiesen. In diesem Fall muss der Nutzer nie die Batterien seines Gerätes wechseln oder es an fixen Stationen aufladen.»

Der Prototyp des Mithras-Bracelet, dass die Abwärme des Körpers speichert. (Grafik Mithras Technology AG)
30 Stunden LCD-TV schauen
Ein sehr grosses Potenzial für die Mithras-Produkte sieht Membrini bei weiteren Applikationen im medizinischen Bereich. So enthalten die von Mithras entwickelten Pflaster (Smartpatches) ebenfalls TEGs, welche durch konstante Energieversorgung eine kontinuierliche Überwachung des Patienten ermöglichen, ob dieser nun zu Hause ist oder im Spital.
«Wenn es beispielsweise darum geht, allgemeine Körperfunktionen oder im speziellen die Körpertemperatur ohne Unterbrechungen zu überwachen, ist die energetische Versorgung mit unserem Produkt sichergestellt – mit sauberer Energie, welche der Körper selber liefert», erläutert Membrini und geht dazu nochmals mit einem theoretischen Gedankenspiel auf den eingangs erwähnten Einfluss ein, den diese Technologie bezüglich der Energieprobleme dieser Welt haben könnte.
«Wenn man die durchschnittliche Körperabwärme aller 7,7 Mrd. Menschen dieser Erde nutzen und diese ideal nach Carnot in elektrische Energie umwandeln könnte, entspräche das etwa 0.18 Terrawatt – und das entspricht zirka sieben Prozent des gesamten Weltbedarfs an elektrischer Energie.» Oder anders gesagt: «Ein Erwachsener, der durchschnittlich drei kWh thermische Energie pro Tag abgibt, könnte dank eines TEG rund 30 Stunden einen LCD-Fernseher betreiben – also eine durchaus respektable Energiemenge.» Mit der Technologie der Mithras-Produkte können aber nicht nur Körperwärme sondern auch die Abwärme von elektrischen Geräten zurückgewonnen und so deren Effizienz gesteigert werden.
Die richtigen Partner als Mitstreiter
Wie er denn auf die Idee gekommen sei, diese Technologie aufzunehmen und für die Anwendung am Körper weiterzuentwickeln. «Nach meinen Studien in Geschichte und Betriebswirtschaft bin ich in der Start-up-Welt gelandet», erzählt Membrini. Weil er sich für die dezentrale Energieproduktion interessierte und sowieso etwas Eigenes aufbauen wollte, ging er auf die aktive Suche nach einem zukunftsweisenden Projekt, das Produktion und Verbrauch direkt vor Ort näher zusammenbringt.
Dabei hatte er jedoch weniger Solarzellen oder Windfarmen im Kopf als vielmehr den menschlichen Körper. Im sehr spezifischen Forschungsbereich der Thermoelektrik gebe es weltweit drei führende Gruppen, so Membrini, «nämlich eine an der ETH in Zürich, eine am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und eine am California Institute of Technology (Caltech) in den USA».
Dann habe er grosses Glück gehabt, Moritz Thielen, einen absoluten Fachmann von der ETH Zürich kennenzulernen. Dieser arbeitete mit besagter ETH-Forschergruppe zusammen und war begeistert von der Idee der Kommerzialisierung seiner Forschung. Thielen wurde Co-Founder von Mithras und das junge Unternehmen wurde als offizielles Spin-off der ETH Zürich anerkannt. Das brachte es mit sich, dass Mithras die Infrastruktur der ETH nutzen darf.
Zudem kann das Unternehmen auch auf die Partnerschaften mit Innosuisse, dem Schweizer Programm zur Innovationsförderung, und mit dem KMU-Zentrum Graubünden zählen. Seit der Gründung von Mithras 2018 gehört ebenso der Ingenieur Michele Magno zum Kernteam.
Fundraising während der Pandemie
«Die Reaktionen auf unsere Produktkonzepte waren grandios, entsprechend euphorisch gingen wir an den Start», erzählt Membrini weiter. Die Euphorie sei aber schon bald von der Realität eingeholt worden, berichtet der Churer weiter. So sei es trotz positiver Feedbacks sehr schwierig gewesen, Geld für das Projekt aufzutreiben. «Wir haben bei der Geldsuche viele Klinken geputzt, denn in Zeiten der wirtschaftlichen Unsicherheit ist es schwierig, für ein Early-Stage-Projekt Risikokapital zu finden», hat er die Erfahrung gemacht.
Mittlerweile und trotz Corona seien aber 85 Prozent der Finanzierung gesichert. Zudem konnte das Team zahlreiche Erfolge bei nationalen und internationalen Startup-Wettbewerben verbuchen. Darunter auch eine Auszeichnung des Schweizer Botschafters in China als «Swisstech Best Startup».
Die Mithras Technology AG...
...wurde 2018 von Franco Membrini und Moritz Thielen gegründet. Seit der Gründung gehört auch Michele Magno zum Kernteam. Als Berater sind zudem Nico Tschanz vom KMU-Zentrum Graubünden, Gian Andri Diem, der Mitgründer von dhp Technology AG und Nationalrat Martin Candinas mit im Boot.
Diese Awards hat die Mithras Technology AG bereits überreicht bekommen.
Kontakt
E-Mail info@mithras.tech
Website Mithras Technology AG